Bekämpfung von Würmern (Helminthen) bei Hund und Katze
In Europa können Hunde und Katzen von einer Vielzahl verschiedener Helminthen (Nematoden sind Rundwürmer, Zestoden sind Bandwürmer und Trematoden sind Saugwürmer) infiziert werden.
Je nach Alter, Haltungsform, Ernährung und Nutzung von Hund und Katze müssen Diagnostik, Therapie und Prävention individuell vorgenommen werden. Bestimmte Faktoren können ein intensiveres Monitoring und/oder eine frequentere Entwurmung erforderlich machen, während andere ein weniger intensives Vorgehen rechtfertigen können. Bei der Erstellung eines Maßnahmenplans sollten unter anderem folgende Aspekte berücksichtigt werden:
Alter / Zucht:
– Hunde- und Katzenwelpen sowie geriatrische Patienten tragen ein im Allgemeinen höheres Risiko, an parasitären Infektionen zu erkranken und diese zu übertragen, als adulte (erwachsene) Tiere.
– trächtige Hündinnen können Toxocara canis (Spulwurm) und säugende Hündinnen Toxocara canis und den in Deutschland nur sehr selten vorkommenden Hakenwurm Ancylostoma caninum auf ihre Welpen übertragen und sich darüber hinaus selbst bei den Welpen infizieren (Superinfektion).
– säugende Kätzinnen können Toxocara cati (Spulwurm) auf ihre Welpen übertragen.
Haltungsform / Nutzung:
Folgende Hunde- und Katzengruppen tragen ein höheres Risiko als einzeln im Haus gehaltene Kleintiere:
– Hunde und Katzen in Zwingern/Katzenzuchten oder Tierheimen.
– im Freien lebende oder streunende Hunde oder Katzen.
– Hunde und Katzen, die gemeinsam mit anderen Tieren gehalten werden und Jagdhunde.
Ernährung:
– Hunde und Katzen mit Zugang zu wilden Nagetieren, Mollusken, rohem Fisch und rohem Fleisch einschl. Eingeweide / Kadavern, nicht ausreichend erhitzten oder gefrorenen Schlachtabfällen usw. haben ein höheres Risiko als andere Tiere.
Wohnort / Reisen:
– Tiere, die in endemischen Regionen leben oder in solche (vorübergehend) verbracht werden (z.B. Urlaub, Tierpensionen, Hunde- und Katzenausstellungen, Leistungsprüfungen etc.) tragen ein erhöhtes Risiko, sich mit den in diesen Regionen endemischen Parasiten zu infizieren.
Strategische Bekämpfung:
Wesentliche Maßnahmen bei der Bekämpfung von Wurmbefall bei Hunden und Katzen in Deutschland sind:
– Tierärztlich verordnete Maßnahmen (Diagnostik, Therapie, Prävention) gegen Endoparasitenbefall bei Hund und Katze.
– Hygienemaßnahmen, insbesondere regelmäßiges Entfernen von Hunde- und Katzenkot, um eine Kontamination der Umgebung mit infektiösen Parasitenstadien zu verringern.
– Ernährung mit kommerziellen oder ausreichend erhitzten (10 Min., Kerntemperatur 65 °) oder vorab gefrorenen (1 Wo., -17 bis -20 °), selbst zubereiteten Futtermitteln zur Vermeidung von Infektionen mit Parasiten, die durch rohes Fleisch oder Fisch übertragen werden.
– Vermeidung einer Aufnahme von wilden Nagetieren, Kadavern, Schlachtabfällen usw.
– Angebot von frischem Trinkwasser.
MERKE:
Auch wenn das Risiko eines Wurmbefalls bei Tieren bestimmter Altersstufen und Haltungsformen größer ist als bei anderen Tieren, ist bei Hunden und Katzen aller Altersstufen und Haltungsformen eine Infektion mit bestimmten Wurmarten möglich!
Folgende Helminthen stehen bei Hunden und Katzen innerhalb Deutschlands im Blickfeld, da sie schwerwiegende Erkrankungen hervorrufen können oder ein besonderes Zoonoserisiko bergen (Zoonosen sind Krankheiten die von Tieren auf Menschen oder von Menschen auf Tiere übertragen werden können).
– Toxocara spp. (Spulwürmer) und Hakenwürmer.
– Echinokokkus spp. (Bandwürmer).
– Dirofilaria immitis (Herzwürmer). In Deutschland nur relevant für Hunde und Katzen die in Endemie- gebiete ins Ausland reisen.
Maßnahmen gegen relevante Wurmarten
Toxocara spp. und Hakenwürmer:
Infektionen mit Spulwürmern (Toxocara spp.) und Hakenwürmern kommen sowohl bei Welpen als auch bei adulten Hunden und Katzen vor. Bei adulten Tieren führt ein Befall nur selten zu klinischen Symptomen, bei Welpen dagegen können Spul- und Hakenwürmer schwere Erkrankungen hervorrufen. Ein besonderes Zoonoserisiko besteht bei den weit verbreiteten Spulwürmern Toxocara spp., da es hier nach oraler Aufnahme infektiöser Spulwurmeier durch den Menschen zu einer somatischen Wanderung von Larven (Larva migrans visceralis) kommen kann. Werden bei dieser Körperwanderung Nervenbahnen, Auge und/oder Gehirn des Menschen befallen, kann dies ernsthafte gesundheitliche Folgen haben.
– Hundewelpen sollten beginnend im Alter von 2 Wochen mit einem geeigneten Wurmmittel behandelt werden. Anschließend wird die Behandlung in 2-wöchigen Abständen bis 2 Wochen nach dem Absetzen wiederholt.
– Katzenwelpen sollten bei vorliegendem Toxocara-Befall der Kätzin beginnend im Alter von 3 Wochen mit einem geeigneten Wurmmittel behandelt werden. Nach bisher vorliegenden Erfahrungen empfiehlt sich auch hier die forlaufende Behandlung in 2-wöchigen Abständen bis 2 Wochen nach dem Absetzen.
– Säugende Hündinnen und Katzen sollten gleichzeitig mit der ersten Behandlung ihrer Nachkommen behandelt werden, da sie parallel zu ihren Welpen patente Infektionen entwickeln können.
– Für die Behandlung trächtiger Hündinnen mit dem Ziel, eine pränatale (=vor der Geburt) Infektion der Welpen zu verhindern, gibt es in Deutschland keine zugelassenen Präparate. Ein Schutz konnte jedoch beispielsweise nachgewiesen werden mit einer 1-maligen Anwendung von makrozyklischen Laktonen um den 50. Tag der Trächtigkeit.
– Adulte Hunde und Katzen:
Ein- oder zweimalige Entwurmungen im Jahr haben in epidemiologischen Studien innerhalb der untersuchten Populationen im Durchschnitt keine ausreichende Wirkung gezeigt. Gesichert ist, dass mit einer monatlichen Entwurmung eine Patenz von Toxocara spp. weitgehend ausgeschlossen werden kann. Eine monatliche Entwurmung kann daher in Einzelfällen – bei hohem Infektionsrisiko (zahlreiche Infektionsmöglichkeiten, regelmäßig unbeaufsichtigter Auslauf) und engem Kontakt in Familien mit Kleinkindern – angezeigt sein.
Ist die Stärke des Infektionsrisikos unbekannt, ohne dass eine Infektion grundsätzlich ausgeschlossen werden kann oder diagnostische Untersuchungen eine Parasitenfreiheit belegt haben, sind mindestens 4 Behandlungen pro Jahr zu empfehlen.
Alternativ zur oben genannten Entwurmung können in entsprechenden Intervallen Kotuntersuchungen vorgenommen werden. Allerdings mit der Einschränkung, dass damit nicht sicher verhindert werden kann, dass bis zu einer Diagnose (zwischen den Untersuchungen) über mehrere Wochen infektiöse Eier ausgeschieden werden.
Echinokokkus spp.:
Die Bandwürmer Echinokokkus granulosus und E. multilocularis sind Zoonoseerreger mit großer Bedeutung für die öffentliche Gesundheit. Infolge einer Infektion mit E. multilocularis oder E. granulosus kommt es beim Menschen zu einer alveolären oder zystischen Echinokokkose mit Zystenbildung in der Leber und/oder anderen Organen, was im Falle einer E. multilocularis-Infektion sogar tödliche Folgen haben kann. Die Infektion des Menschen findet meist über die orale Aufnahme von Wurmeiern und Proglottiden (Bandwurmglieder) statt, die infizierte Tiere im Fell tragen oder mit dem Kot ausscheiden.
Echinokokkus multilocularis:
Hunde sind empfänglich für diesen Wurm, in geringerem Maße auch Katzen. In der Praxis steht der Befall von Hunden im Vordergrund, da Katzen als Wirte von untergeordneter Bedeutung sind und im Unterschied zu Hunden nur ein minimales zoonotisches Risiko darstellen. Wichtigster Endwirt ist der Rotfuchs, natürliche Zwischenwirte sind Feldmäuse und andere Nagetiere. Die Infektionvon von Hund und Katze findet über den Verzehr wilder Nagetiere statt, die Finnen von E. multilocularis enthalten.
Echinokokkus granulosus:
E. granulosus ist in Deutschland nur sehr selten anzutreffen. Wichtigster Hauptwirt ist der Hund. Die Infektion erfolgt vornehmlich über den Verzehr von Schlachtabfällen, Innereien oder Beutetieren, die Finnen von E. granulosus enthalten. In Deutschland werden E.granulosus-Stadien in Schlachtabfällen nur sehr selten angetroffen (in Rindern, selten auch Schweinen). Die Befallsrate bei Hunden liegt hierzulande nach neuesten Untersuchungen bei unter 0,1 % und spielt damit eine untergeordnete Rolle. Maßnahmen zur Bekämpfung dieses Wurmes beim Hund sind daher in Deutschland in der Regel nicht notwendig.
Die spezifische Diagnose einer Echinokokkus-Infektion bei Hunden und Katzen ist schwierig, da die Eier der verschiedenen Bandwürmer im Rahmen von Kotuntersuchung morphologisch nicht zu differenzieren sind. Kommerzielle Koproantigentests stehen nicht zur Verfügung, und PCR´s (Polymerase-Chain-Reaction) zur Identifizierung bestimmter Spezies und/oder Genotypen werden ausschließlich in spezialisierten Labors durchgeführt. Aus diesem Grund sollten in endemischen Gebieten, also auch in Deutschland, koproskopisch (= mittels Kotuntersuchung) nachgewiesene Bandwurm-Infektionen stehts als potenzielle Echinokokkus- Infektionen betrachtet werden.
Prävention:
– sofern machbar sollten Hunde keinen Zugang zu wilden Nagetieren haben.
– Hunde und Katzen sollten kein rohes Fleisch oder Schlachtabfälle erhalten, sondern ausschließlich mit kommerziellem Futter oder ausreichend eritzter (10 Min., Kerntemperatur 65 °) oder zuvor gefrorener (1 Wo., -17 bis -20°), selbst zubereiteter Nahrung gefüttert werden. Hunde, die nicht entsprechend vorbereitetes rohes Fleisch erhalten, sollten alle 6 Wo. gegen Bandwürmer behandelt werden.
– Für Hunde mit hohem Infektionsrisiko für E. multilocularis, die z.B.:
– Zugang zu wilden Nagetieren haben.
– Aasfresser sind.
– regelmäßig unbeaufsichtigten freien Auslauf haben.
– jagdlich geführt werden, empfiehlt die ESCCAP eine monatliche Entwurmung mit einem geeigneten
Mittel.
– Auch für Katzen gelten grundsätzlich die o.g. Infektionsrisiken. Da Katzen jedoch für Echinokokkus-Arten ungeeignete Wirte darstellen und bei einem Befall mit E. multilocularis lediglich geringe Eizahlen ausscheiden, stellen sie für die Übertragung dieser Zoonose ein minimales Risiko dar.
Therapie:
– Die Hunde werden sofort gebadet (Schutzkleidung), 2 x im Abstand von 24 Stunden mit Praziquantel oder Epsiprantel behandelt und noch einmal gebadet.
– Der Kot sollte dicht verpackt über den Hausmüll entsorgt werden (endet in der Müllverbrennung).
– Der Erfolg der Therapie wird nach 7-14 Tagen durch eine Kotuntersuchung kontrolliert.
Herzwürmer (Dirofilaria immitis):
Derzeit besteht in Deutschland für Hunde und Katzen kein Risiko, sich mit Herwürmern zu infizieren. Diagnostik, Therapie und Prävention spielen jedoch in den Fällen eine Rolle, in denen sich die Tiere im endemischen Ausland aufhalten (zahlreiche Länder Süd- und Osteuropas).
Herzwürmer werden über Vektoren übertragen (Mücken der Familie Culicidae). In den meisten Teilen Europas, in denen die Infektion endemisch vorkommt, dauert die Übertragungssaison im Allgemeinen von April bis Oktober (Schwankungen je nach Klima). In Europa bislang einzigartig kann die Infektion auf den Kanarischen Inseln ganzjährig übertragen werden. Ein zoonotisches Potenzial ist gegeben, da sich Dirofilaria-Arten beim Menschen nach dem Stich einer infizierten Mücke teilweise in verschiedenen Organen weiterentwickeln und Granulome verursachen, die meistens jedoch ohne klinische Bedeutung bleiben.
Obwohl auch Katzen potenzielle Wirte für Herzwürmer sind, ist ihre Bedeutung als Wirt geringer. Hinzu kommt, dass Katzen nur selten auf Reisen mitgenommen werden. Gegenwärtig gibt es keine Repellenzien/Insektizide, die laut Zulassung nachweislich eine Übertragung von Herzwürmern verhindern können. Die Bekämpfung von Herzwürmern konzentriert sich daher auf die Anwendung makrozyklischer Laktone, die wandernde Larven abtöten, bevor diese das Herz erreichen. Auf diese Weise kann zwar keine Infektion, aber ein Befall mit adulten Herzwürmern wirksam verhindert werden.
Alle derzeit in Deutschland gegen Herzwürmer zugelassenen Produkte sind für eine monatliche Anwendung vorgesehen. Die Behandlung mit diesen Produkten sollte daher ab Beginn einer möglichen Übertragung starten und bis 30 Tage nach der zuletzt möglichen Übertragung in monatlichen Abständen fortgesetzt werden.
Grundsätzlich sollten Hunde, die bereits einem Infektionsrisiko ausgesetzt waren umfassend klinisch untersucht, und eine Blutuntersuchung durchgeführt werden, um einen Herzwurmbefall zu überprüfen. Bei positivem Befund sollte differenzialdiagnostisch ein Befall mit wenig pathogenen Gewebefilarien berücksichtigt werden.
Prävention zoonotischer Parasitosen:
– persönliche Hygiene (z.B. Händewaschen, Gartenarbeit mit Handschuhen).
– kein Verzehr von ungewaschenem/n Gemüse, Früchten und Pilzen.
– tierärztlich verordnete Maßnahmen wie regelmäßige Entwurmungen oder Kotuntersuchungen durchführen.
– regelmäßiges Beseitigen von Hunde- und Katzenkot.
– Vermeiden einer Exposition, insbesondere von Kindern, in mit Wurmstadien kontaminierten Umgebungen (z.B. Meidung von Hundewiesen, kotkontaminierten Gärten oder Spielplätzen/Sandkästen).